Besonderes Wahrzeichen Rottweils
Nur wenige andere Gebäude prägen das Stadtbild Rottweils so wie die Kirchen der Stadt. Ihre Größe und Pracht lassen sie von weitem hin sichtbar werden. Insbesondere der Turm der Kapellenkirche ist eines der besonderen Wahrzeichen der Stadt. Der 70 Meter hohe Turm gilt als einer der schönsten gotischen Türme zwischen Prag und Paris.
Die Orgel der Kapellenkirche
Der Ortsfremde lässt sich durch die Bezeichnung Kapellenkirche leicht irreführen. Er weiß nicht, dass diese zweite Kirche der Münsterpfarrei Rottweil ihren Namen von der Kapelle unten im Turm bezog, dass der 70 m hohe Kapellenturm aus dem 14. und 15. Jahrhundert ein Wahrzeichen Rottweils ist, und dass es sich bei der Kirche um einen reich ausgemalten Barockraum handelt.
Das Instrument ist keine Stilkopie. Klanglich steht es in guter süddeutscher Tradition mit breiter Palette von Grundstimmen, einschließlich der zart schwebenden Register. Die Aliquoten und Zungenregister geben kraftvolle Farben – wollen es den Deckenfresken Firtmairs gleichtun. Heutige kirchenmusikalische Belange finden im Klangaufbau vorrangig Berücksichtigung.
Peter Mönch (Mönch Orgelbau KG, Überlingen)
Lebendige Bausteine
Menschen erinnern sich an Ihre Kapellenkirche
Thomas Sieber: Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.....
In den Jahren 1980-88 arbeitete ich als junger Steinmetz, – und Steinbildhauer am Kapellenturm in Rottweil. Ich erinnere mich noch gut an meine erste Aufgabe, die darin bestand, in Zusammenarbeit mit Meister Konrad und Gesellen einen gotischen Wasserspeier in rund 70zig m Höhe einzubauen und zu verankern. Mir war damals völlig schleierhaft, wie ein fast 800kg schwerer Steinbock, der bildhauerisch feinst herausgemeißelt war, ohne Schaden zu nehmen an Ort und Stelle versetzt werden könnte. Auf meine Frage hin lächelte der Meister und sprach: Thomas, mit Gottes Hilfe gelingts, mit Gottes Hilfe!
Wenn ich heute nach über 40zig Jahren vor dem Turm stehe und hinauf zum Wasserspeier schaue, denke ich an den Meister und lächle.
Thomas Sieber
Steinbildhauermeister; Neckartal 150; Rottweil
Thomas Bechle: Anekdoten zur Kapellenkirche
Meine Zeit als Schüler im Konvikt in Rottweil war auf das Engste mit der Kapellenkirche verbunden. Dort war ich vier Jahre lang Ministrant und in den letzten beiden Jahren als Konviktor sogar Oberministrant unserer Internatsgemeinschaft. Sehr schöne Erinnerungen habe ich an die Roratemessen im Advent. Sehr früh am Morgen fanden diese Gottesdienste lediglich bei Kerzenschein im Chor der Kapellenkirche statt. Nun ist es allerdings ein offenes Geheimnis, dass die meisten Konviktorinnen und Konviktoren keine Helden im Frühaufstehen sind. Vor 10 Uhr ist dort niemand ansprechbar! Und zu diesen zählte auch ich. So kam ich zwar meist noch pünktlich in die Sakristei zum Ministrieren, trug unter dem Gewand aber noch den Schlafanzug und die Hausschuhe an den Füßen. Dabei ist die äußerst nützliche Besonderheit von Konvikt und Kapellenkirche von großem Vorteil: Über die überdachte Verbindungsbrücke gelangten wir trockenen Fußes und ohne raus auf die Straße zu müssen, in den Chorraum der Kapellenkirche. Wenn das Kirchenschiff dann auch noch nur von Kerzenschein erhellt wurde und der eine oder andere Gottesdienstbesucher noch Schlaf in den Augen hatte, dann war es zum Glück völlig egal, welche modische Verfehlung sich unter dem Ministrantengewand verbarg. Vor allem wenn es dadurch möglich war, ein wenig länger im Bett zu bleiben. Doch ich kann Ihnen versichern, dass ich als Oberministrant natürlich nur noch geschniegelt und gebügelt erschienen bin… ganz bestimmt…
Die offenen Wochenenden im Konvikt waren bekannt dafür, dass wir entweder einen Ausflug mit Übernachtung außerorts oder etwas Kreatives in Rottweil selbst unternahmen. So stand eines Tages wieder das lang ersehnte „Filmwochenende“ an. Ausgestattet mit einer Kamera, einem eher schlecht als recht geschriebenen Drehbuch von uns selbst verfasst, vielen fantasievoll zusammengestellten Kostümen und einem Dutzend mehr oder weniger motivierten Schauspielern und Darstellerinnen, drehten wir eine Neuinterpretation der legendären griechischen Sage Ödipus – wobei schon der neue Titel „Ödishizzle“ zum Original einige gewisse Änderungen andeutete. Drehorte waren neben der Bibliothek, dem Festsaal des Konviktes und dem Neckarufer beim Konviktsgarten, natürlich auch die Kapellenkirche. Hier, im dämmrig-gedeckt wirkenden Vorschiff der Kapellenkirche, wartete dann schon Pythia, das Weissagungsmedium des Orakels von Delphi, auf den tragischen Helden. Mit unheilschwangerer Stimme offenbarte sie den Fluch, der Ödipus von Geburt an anhaftete; Und es war dieser Fluch, dem er, bereits kurze Zeit darauf, im Konviktshof nur äußerst knapp entkommen sollte…
Die wohl eindrücklichste Erinnerung in Verbindung mit der Kapellenkirche war ein so-genannter Themengottesdienst unserer Konviktsgemeinschaft in dessen Verlauf wir uns das Vater unser näher erschließen und betrachten wollten. Solche Messen fanden zu meiner Zeit als Internatsschüler jeden Mittwoch statt, aber dieser eine Gottesdienst war etwas ganz Besonderes:
Als wir an der Stelle im Gottesdienst ankamen, an dem das Vater unser folgen sollte, begann ein Konviktor vom Altarraum aus mit den Worten: „Vater unser, der du bist im Himmel“ zu beten, worauf ich ihn in der Rolle von Gott-Vater mit: „Ja, hier bin ich, wie geht es dir?“ unterbrach. Alle waren nun ein wenig verdutzt, hörten Sie doch die Stimme und wussten nicht woher sie kam. Auch dem Beter erging es so, worauf er etwas verunsichert weiterfuhr „geheiligt werde dein Name“ als er wieder unterbrochen wurde und „Gott“ ihn fragte, „was bedeutet das eigentlich und was heißt das konkret für dich“? Allmählich erkannten mich die anderen an meiner Stimme, nur wussten sie nicht, wo ich mich in der Kirche versteckt hielt. Es war das Vaterunser mal auf einer anderen Art, nämlich in einer solchen, dass sich „Gott“ direkt dazwischenschaltete und es so zu einem direkten Dialog und Austausch zwischen ihm und dem Beter kam.
Kanzel in der Kapellenkirche: Foto Berthold Hildebrand
Wenn ich an die Kapellenkirche und die Zeit im Internat denke, kommen mir viele solcher Erinnerungen wieder ins Gedächtnis. Die wöchentlichen Mediationen, die wir in unserem Meditationsraum immer donnerstags über der Sakristei der Kapellenkirche hielten, die besonderen Gottesdienste im Advent, die Stiftungsfeste mit unserem Bischof, dem Singen der Konviktsband und Konviktsschola zu besonderen Anlässen und dem Einüben des Stunden-gebetes morgens und abends im Altarraum der Kapellenkirche. So wie die Kirche baulich mit dem Konviktsgebäude verbunden ist, so war sie es auch mit meinem geistlichen Leben zu meiner Zeit als Konviktor. Ich freue mich immer, wenn ich heute von Harthausen her über das Viadukt nach Rottweil fahre und schon von weitem den Kapellenturm erspähen kann. Ein Besuch in der Kirche gehört immer genau so dazu, wie das Entzünden einer Kerze und das Rückbesinnen an die vielen schönen Stunden und Begegnungen hier während meiner Schulzeit in Rottweil.
Thomas Bechle, wohnhaft in Epfendorf-Harthausen, war Konviktor von 2008 bis 2012; nach Bachelorstudium und verschiedenen Tätigkeiten in der Wasserversorgung studiert er heute im Master Wasserwirtschaft in Magdeburg
Kay Christine Klinger: Meine Zeit als Ministrantin
Zu meiner Mitwirkung bei der Ministranten-Gruppe der Kapellenkirche kam ich wie die Jungfrau zum Kind: Es war unbeabsichtigt und ich entsprechend planlos.
Alles begann mit dem ersten Gottesdienst in der Kapellenkirche, den ich wohl nie wieder vergessen werde: Aus einer zwar evangelischen, aber wenig kirchlichen Familie stammend, war ich in Bezug auf das religiöse Leben ein unbeschriebenes Blatt und kam mit jungen 17 Jahren zunächst „nur“ als Gemeindemitglied in die Messe. Schon beim ersten Betreten der Kirche rannte ich zweimal beinahe meine Begleiterin um: Zum ersten Mal, als sie unvorhergesehen niederkniete und ich fast über sie drüberfiel, und zum zweiten Mal, als sie urplötzlich vor mir abbog, um zum Weihwasserbehälter zu gelangen.
Ich würde gerne behaupten, dass die Gemeinde vor mir sicher war, als ich endlich in meiner Bank saß, aber weit gefehlt: Mit traumwandlerischer Sicherheit war ich zu jeder Zeit die letzte, die zu den Gebeten aufstand, die letzte, die sich wieder hinsetzte und die Einzige, die bei der Wandlung nicht hinkniete. Der Grad meiner Überforderung erreichte ihren Höhepunkt, als der Pfarrer die Worte „Geben wir uns ein Zeichen des Friedens“ aussprach: Ich weiß heute noch, dass mir in einem Sekundenbruchteil zig Gedanken durch den Kopf schossen, weil ich absolut keine Ahnung hatte, was ich nun zu tun hatte. Im nächsten Moment wurde mir dann bereits erwartungsvoll eine Hand entgegengestreckt, die ich so völlig perplex anstarrte, dass sich meine Sitznachbarin mit einem breiten Grinsen dazu berufen fühlte, einfach meine Hand zu packen und sie zu schütteln. Für die kurze Antwort „der Friede sei mit dir“ reichte meine damalige Denkleistung dann nicht mehr aus. Habe ich etwas genuschelt, was selbst der herausragendste Sprachwissenschaftler nicht mehr als irdische Sprache hätte identifizieren können? Habe ich wie ein Auto geschaut und nichts gesagt? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht mehr. Jedenfalls stolperte ich zu guter Letzt nach dem Auszug des Pfarrers zum dritten Mal an diesem Tag über meine Begleiterin, als sie aufgestanden und aus der Bank getreten war, um sofort wieder in eine Kniebeuge zu sinken.
Um also meinen ersten Gottesdienst in der Kapellenkirche zusammenzufassen: Ich muss mich aufgeführt haben, wie ein trotteliger Tanzbär.
Auf unergründlichem Wege wurde ich schließlich als Ministrantin aufgenommen. Ich schätze jedoch, auch im Ministrantengewand habe ich nicht unbedingt geglänzt: Spontan fallen mir dazu zwei Beispiele ein: Zum einen der Gottesdienst, in dessen Verlauf ich dem Pfarrer statt des Wassers beinahe den Wein über die Hände geleert hätte und zum anderen die Tatsache, dass ich mich ständig, nicht, wie sonst üblich, nur knapp vor dem Priester verneigte, sondern mich stattdessen so tief verbeugte, dass ich den Boden hätte küssen können.
Doch warum erzähle ich das so ausführlich? Ich erzähle all das, weil mich die Kapellenkirche trotz meiner offensichtlichen Unzulänglichkeiten mit offenen Armen empfing. Mit Engelsgeduld sah sie über jeden meiner Fauxpas hinweg und lud mich ein, am religiösen Leben teilzuhaben. Dadurch verbinde ich speziell mit der Kapellenkirche viele sehr schöne Erinnerungen: Zum ersten Mal konnte ich mir eine Orgel ganz aus der Nähe ansehen und sogar ein paar Takte darauf spielen. Als Mitglied unserer Konvikts-Band konnte ich den Gottesdienst an hohen Festtagen und weiteren Feierlichkeiten musikalisch begleiteten. Auf besonderen Wunsch hin wurde einmal eine Messe auf Latein abgehalten, die mich als Altsprachlerin besonders faszinierte, auch wenn mein damaliger Wissensstand noch nicht ganz ausreichte, um jedes Wort zu verstehen.
Einen besonderen Platz nimmt die alljährliche Gestaltung des Erntedankteppichs in meinen Erinnerungen ein. Mit so viel Liebe zum Detail und hohem zeitlichen Aufwand entstanden jedes Mal wunderschöne Bilder, die ich mir immer wieder gerne ins Gedächtnis rufe.
Erntedank 2012: Sankt Martin
Erntedank 2021: Vielfalt
Am eindrücklichsten war jedoch die Freude am Singen im Gottesdienst: die Möglichkeit, den Alltag und die Schulaufgaben für einen Moment auszublenden, dabei dem Orgelspiel lauschen und die Architektur der Kirche betrachten zu können. Ich kann nicht für die Jungfrau und ihr unverhofftes Kind sprechen, aber was mich anbelangt, bin ich aller Planlosigkeit und allem Unvorhergesehenen zum Trotz sehr dankbar, durch meine Zeit in Rottweil die Kapellenkirche mit so vielfältigen und schönen Erinnerungen verbinden zu können.
Kay Christine Klinger (27 Jahre), Ägyptologie-Studentin in Leipzig, im Konvikt Rottweil von 2012 bis 2016
Fotos: Berthold Hildebrand
Antonia Löffler: Das "Gängle"
Wer von der Hochbrücktorstraße entlang der Kapellenkirche hinunterläuft und geradeaus auf der Konviktsgasse bleibt, der übersieht gerne den kleinen Brückengang, der zwischen dem Konvikt und der Kapellenkirche verläuft. Dieser Gang hat für mich, in der Zeit, in der ich im Konvikt in Rottweil lebte, immer eine große Faszination ausgeübt. Man stelle sich vor, wie viele Generationen von Konviktsbewohnerinnen und Bewohnern diesen Gang, oder schwäbisch auch „Gängle“ genannt, in seiner gut 300-jährigen Geschichte durchschritten haben und so trockenen Fußes in die Kapellenkirche gelangen konnten – beinahe wie Mose und das Volk Israel durch das Rote Meer. Aber vielleicht ist das auch ein wenig übertrieben…
Vielen Passanten und auch vielen Besuchern der Kapellenkirche mag dieser Zugang nicht auffallen, aber für uns Konviktorinnen und Konviktoren war und ist es der herkömmliche Eingang zur Kirche. Ich möchte Sie fiktiv einmal kurz auf diesen Weg mitnehmen:
Zuerst muss man, um ins Gängle zu kommen, durch das Klavierzimmer, das mit seinem knarzenden Boden von der Geschichte des Hauses zeugt. Sobald man aber die Tür zum Gängle öffnet, kommt einem ein Schwall kalter Luft entgegen, der schon vor so mancher Rorate den müdesten Christen von den Toten erweckt hat. Nun, dennoch hat besagte kalte Luft mich leider nie daran erinnert, dass ich im Gottesdienst eigentlich nicht in Hausschuhen erscheinen sollte, was des Öfteren für Erheiterung bei allen Beteiligten im Gottesdienst sorgte. Sobald das Gängle mit seinen wunderbaren Butzenscheiben, die in ihrer Einfachverglasung vermutlich kein A++ in Energieeffizienz erhalten würden, durchschritten ist, gelangt man in den kleinen Seitengang. Von diesem aus kann man durch die Fenster einen privilegierten Blick auf den Altarraum erhaschen und ich vermute, dass so manchem Novizen früher dadurch die Rüge fürs Zuspätkommen zumindest kurzweilig erspart geblieben ist.
Dann führt eine enge Steinwendeltreppe zur Eingangstür in die Kirche. Gerne bin ich in meiner Zeit im Konvikt auch am Abend diesen durchaus manches Mal etwas gruselig anmutenden Weg gegangen, um die tolle Akustik der Kapellenkirche genießen zu können und ein Liedchen zu trällern. Für manche Passanten war es vielleicht irritierend, aus der geschlossenen Kirche Stimmen zu hören, aber vielleicht war es ja auch das Kapellenkirchengespenst? Dass wir durch unser Gängle theoretisch zu jeder Tages- und Nachtzeit Zugang zur Kirche hatten, war ein tolles Privileg und ich erinnere mich gerne daran zurück. Oft sind wir als Konviktoren durch diesen Gang geschritten, haben uns manchmal mehr oder weniger freudigen Schrittes – wie das bei Jugendlichen nun mal so ist – zu den Gottesdiensten, Roratemessen und Meditationen begeben, oder vor Besuchern damit angegeben, einen Privatzugang zur Kirche zu haben.
Ein kleiner Gedanke zu diesem Gängle möchte ich noch mit Ihnen teilen: Denn für mich symbolisiert dieser Gang auch eine Verbindung zwischen der Kirche in ihrer liturgischen Form und dem Leben am Puls der Zeit. Gerade in der heutigen Zeit ist es nicht immer einfach, eine Brücke zu schlagen zwischen der Kirche und dem Leben der Menschen, gerade auch bei Jugendlichen. Doch ich denke es ist an der Zeit, sich auch im übertragenen Sinne diese Gänge, die noch existieren, zu Nutze zu machen, den Schritt ins Leben zu wagen, auch wenn ein Schwall kalter Luft für Gegenwind sorgen kann. Dieser Schwall kalter Luft kann nämlich aufrütteln und erfrischen, man muss nur erst die Tür zum Gängle aufstoßen.
Und das schöne ist: es gibt Türen auf beiden Seiten.
Antonia Löffler, Theologiestudentin aus Tübingen, Schülerin im Konvikt von 2012-2016
Beiträge von Berthold Hildebrand zur Renovation der Kapellenkirche
erschienen im Schwarzwälder Bote
Besondere Orte in der Kapellenkirche
Hauptaltarbild von Joseph Firtmair 1732
Die Apostel gruppieren sich um das offene Grab Mariens. Im Mittelteil des Bildes hat Joseph Firtmair die heiligen Frauen und eine Schar von jubilierenden Engeln dargestellt, die die Himmelfahrt begleiten. Darüber schwebt Maria, mit ausgebreiteten Armen, weiter aufwärts in den Himmel. Im Altargesprenge darüber erwartet dann die Dreifaltigkeit, Gott Vater, Gott Sohn und der Hl. Geist, die Auffahrende.
Richten wir unseren Blick ganz nach unten rechts auf das Altarbild. Dort finden wir einen Apostel, der seinen Blick auf uns Betrachter richtet. Damit nimmt er uns mit in die Betrachtung des gesamten Bildes. Er führt uns quasi in das Geschehen ein. Denn hier beginnt der Aufbau der himmelwärts strebenden Spirale. Der Blick wird durch jede Person, sei es durch Gestik oder Positionierung, von Person zu Person weitergeleitet. Diese Spirale findet ihren Abschluss bei Maria mit ihrer erwartenden Händehaltung.
Das Altarbild ist eine wunderbare künstlerische Komposition und Interpretation der Himmelfahrt Mariens.
Peter Hugger
Chorraum: Szenen aus dem Marienleben
Joseph Firtmair schuf 1731 zehn Fresken im Chorraum der Kirche. Es sind besondere Arbeiten, die der Freskant vollzogen hat. Sie zeigen uns zehn Begebenheiten im Leben der Gottesmutter Maria. Es sind Momente dabei, die sehr selten bildtechnisch dargestellt wurden.
Der Reihe nach von Norden nach Süden:
- Verkündigung der Geburt Jesu an den heiligen Josef
- Anbetung des neugeborenen Weltenheilands durch die Engel
- Anbetung der Heiligen Drei Könige
- Heilige Familie auf dem Weg zum Tempel
- Jesus im Hause von Nazareth die Schrift erklärend
- Heilige Familie bei der Betrachtung
- Jesus im Tempel
- Tod des heiligen Josefs
- Der Auferstandene erscheint Maria
- Tod Mariens
Ein besonderer Augenblick entsteht, wenn in der Zeit um den 25.03. im sonntäglichen Evangelium die Geschichte der Verkündigung des Engels an Josef vorgetragen wird. Die Sonne steht in dieser Jahreszeit recht tief und dringt durch ein Südfenster in den Chorraum. Das Sonnenlicht beleuchtet genau dieses Fresko und lässt es wunderbar erstrahlen. Ein ganz mystischer, heiliger Moment, den der Betrachter erleben kann.
Peter Hugger
Das „Gängle“: Verbindung zum Konvikt
Wer von der Hochbrücktorstraße entlang der Kapellenkirche hinunterläuft und geradeaus auf der Konviktsgasse bleibt, der übersieht gerne den kleinen Brückengang, der zwischen dem Konvikt und der Kapellenkirche verläuft …
Vielen Passanten und auch vielen Besuchern der Kapellenkirche mag dieser Zugang nicht auffallen, aber für uns … war und ist es der herkömmliche Eingang zur Kirche. Ich möchte Sie fiktiv einmal kurz auf diesen Weg mitnehmen …
Zum Weiterlesen, klicken Sie bitte auf
Antonia Löffler, Schülerin im Konvikt von 2012 – 20116
Meine Zeit als Ministrantin
… Einen besonderen Platz nimmt die alljährliche Gestaltung des Erntedankteppichs in meinen Erinnerungen ein. Mit so viel Liebe zum Detail und hohem zeitlichen Aufwand entstanden jedes Mal wunderschöne Bilder, die ich mir immer wieder gerne ins Gedächtnis rufe.
Am eindrücklichsten war jedoch die Freude am Singen im Gottesdienst: die Möglichkeit, den Alltag und die Schulaufgaben für einen Moment auszublenden, dabei dem Orgelspiel lauschen und die Architektur der Kirche betrachten zu können …
Zum Weiterlesen, klicken Sie bitte auf
Kay Christine Klinger, im Konvikt Rottweil von 2012 bis 2016
Firtmaierkrippe in der Weihnachtszeit
Kanzel: »Vater unser im Himmel.« »Ja, hier bin ich.«
… Die wohl eindrücklichste Erinnerung in Verbindung mit der Kapellenkirche war ein sogenannter Themengottesdienst unserer Konviktsgemeinschaft, in dessen Verlauf wir uns das Vater unser näher erschließen und betrachten wollten …
Als wir an der Stelle im Gottesdienst ankamen, an dem das Vater unser folgen sollte, begann ein Konviktor vom Altarraum aus mit den Worten: „Vater unser, der du bist im Himmel“ zu beten, worauf ich ihn in der Rolle von Gott-Vater mit: „Ja, hier bin ich, wie geht es dir?“ unterbrach. Alle waren nun ein wenig verdutzt, hörten Sie doch die Stimme und wussten nicht woher sie kam …
Zum Weiterlesen, klicken Sie bitte auf
Thomas Bechle, war Konviktor von 2008 bis 2012
Jiftach (Jephtah) und Abraham
Unter der Orgelempore hat Joseph Firtmair drei Fresken geschaffen. Das größere mittlere, die Anbetung des Lammes durch die 24 Ältesten, holt seinen Ursprung aus der Geheimen Offenbarung des Johannes.
Die beiden anderen kleineren Fresken, das südliche und das nördliche stellen 2 Szenen aus dem Alten Testament dar.
Im südlichen Bildnis hat der Freskant das Opfer Jiftach’s dargestellt. Jiftach löst sein Gelübde gegen Jahwe ein. Als Heerführer der Israeliten hat er gelobt, dass er nach errungenem Sieg gegen die Ammoniter, das Erste das ihm bei der Rückkehr vor seiner Haustür begegnet, Jahwe opfert. Das Erste, das ihn freudig erwartete, war dann seine eigene Tochter, sein einziges Kind, das er aufgrund des Gelübdes, Gott darbringt.
Auf der gegenüberliegenden nördlichen Seite zeigt ein weiteres Fresko das Opfer Abrahams. Da für Jahwe die Menschenopfer immer schon ein Greuel waren, hat er bei Abraham gewirkt. Der Engel des Herrn hat das Menschenopfer verhindert und in ein Tieropfer gewandelt. Von da an gilt Jahwe nicht mehr als strafender, sondern als gütiger Gott.
Peter Hugger
Mit Gottes Hilfe gelingt’s.
… Mir war damals völlig schleierhaft, wie ein fast 800kg schwerer Steinbock, der bildhauerisch feinst herausgemeißelt war, ohne Schaden zu nehmen an Ort und Stelle versetzt werden könnte. Auf meine Frage hin lächelte der Meister und sprach …
Zum Weiterlesen, klicken Sie bitte auf
Thomas Sieber. Steinbildhauermeister
Tympanon am Westportal
Die Spitzbogen-Portale der Kapellenkirche zieren Tympana, die um 1340 entstanden sind. Über dem Westportal zum Kapellenplatz hin thront Christus als Weltenrichter. Über ihm schweben die Posaunenengel und blasen zum jüngsten Gericht. Wie Stifterfiguren angeordnet stehen links und rechts Fürbitterinnen und Fürbitter. Eine Wolke scheidet die Erde im unteren Streifen vom Himmel. Hier sieht man, wie die Auferweckten ihren Gräbern entsteigen und nach links in den Himmel kommen, dargestellt durch einen Dom. Die anderen werden von Teufeln mit einem Seil eingefangen und durch den Rachen eines Ebers in die Hölle geführt. Diese hochwertige Reliefkunst an der Rottweiler Kapellenkirche kann sich in ihrer Qualität durchaus mit Darstellungen an den Kathedralen in Frankreich messen lassen.
Berthold Hildebrand
Tympanon am Nordportal
Eine mariologische Darstellung ziert das Bogenfeld über dem Nordportal. Im oberen Teil sieht man die Verkündigung an Maria. Links der Erzengel Gabriel, rechts Maria. Dazwischen steht eine Vase mit Lilien. Darüber wartet schon Gott Vater mit seinem Sohn. Dieses Geschehen erhält eine kosmische Dimension durch die Sonne links und den zunehmenden Mond. Das sind Sinnbilder für Christus und für Kirche. Auch der Stern, der die Sterndeuter geführt hat, ist zu sehen. Über die ganze Breite des unteren Feldes sieht man wie die Drei Könige dem Kind huldigen, das ihnen von seiner Mutter entgegengestreckt wird. Mit seiner linken Hand berührt es den Kelch und verbindet so alle Figuren miteinander.
Berthold Hildebrand