Der Legende nach soll die Gesellenkapelle am äußersten Ende des Krummen Weges bei der Oberen Ziegelhütte im Dreißigjährigen Krieg entstanden sein. Bei einer der damals zahlreichen Belagerungen der Stadt Rottweil hätten Rottweiler Gesellen in ihrer Nähe gegen den Feind eine glänzende Waffentat vollbracht und zum Dank diese Kapelle zu Ehren der Muttergottes errichtet. Demnach wäre die Kapelle eine Votiv-Kapelle, wie sie im 17. und 18. Jahrhundert an vielen Plätzen entstanden sind. Tatsächlich war die Kapelle aber schon früher südwestlicher Eckpunkt des Rottweiler Stadtbanns.
Der Name „Gesellen-Kapelle“ weist wahrscheinlich auf Bezüge zur ehemaligen Engelsgesellschaft der ledigen Rottweiler Bürgersöhne hin. Dafür spricht auch, dass früher in der Kapelle die Holzstatuen der Erzengel Michael und Gabriel aufgestellt waren, die von den Engelsgesellen besonders verehrt wurden und vielleicht in Heilig Kreuz erhalten blieben. Sonst befanden sich in der Kapelle Figuren der Gottesmutter, ihrer Mutter Anna und Johannes‘ des Täufers. 1888 schnitzte der Rottweiler Bildhauer Valentin Kammerer (1825- 1902) für die Kapelle einen hl. Aloysius und einen hl. Johannes Nepumuk.
Im 19. Jahrhundert drohte das kleine Gotteshaus zu verfallen, bis es 1845 auf Initiative von Kaufmann Josef Linder und Balbine Saigger hergerichtet wurde. Wie schon früher wurde es darauf von den Gläubigen gerne angenommen. 1888 wurde die Kapelle instandgesetzt und schon 1921 in den Rottweiler Heimatblättern beschrieben. Unter Dekan Dr. Karl Ochs wurde sie mit Unterstützung der Rottweiler Kolpingfamilie erneut restauriert. Ihr Figurenschmuck kam auf die Kirchenbühne von Heilig Kreuz, auch weil er teilweise als „kitschig“ betrachtet wurde. Verloren ist seit damals eine Christusfigur mit echtem Haar, die sehr alt gewesen sein dürfte. Malerisch neu gestaltet hat die Kapelle in diesen Jahren Franz Friedrich (geb. 1925), der auch einen Zyklus mit Rottweiler Kapellen gezeichnet hat.
Mit Errichtung der Pfarrei Auferstehung Christi kam die Gesellen-Kapelle an die neue Pfarrei. Sie ist dort Station bei der Ösch-Prozession. Häufig findet bei ihr auch eine Maiandacht statt. In der Betreuung durch die Familie Bucher bildet das kleine Gotteshaus bis heute zusammen mit einer mächtigen Sommerlinde ein beachtliches Denkmal am Übergang vom heutigen Rottweiler Stadtrand in die freie Landschaft.
Adresse
Obere Ziegelhütte 3