Impulse und Mitteilungen
Hier finden Sie „Orientierung“: Impulse und Mitteilungen der Kirchengemeinden Rottweils über aktuelle Themen, Anstöße für den Alltag und Hinweise zu bevorstehenden Festen. Alle Artikel erscheinen alle zwei Wochen in der Samstagsausgabe des Schwarzwälder Boten.
Orientierung 12 vom 14. Juni 2025
Impulse für den Alltag
Eine berührende Begegnung
- Von Michael Becker
Die Darstellung in der Predigerkirche oben auf dem Hochaltar, hier rechts abgedruckt, ist eine berührende Begegnung. Vertraut und liebevoll sehen sich Vater und Sohn in die Augen, der Vater hält mit seiner rechten Hand den Rücken des Sohnes.
Projektion unserer Sehnsüchte
Dieser ist mit seinem Körper dem Betrachter zugewandt, dreht sich aber zum Vater und streicht mit seiner linken Hand über die Wange des Vaters. Kaum möglich, dass diese Szene den Betrachter nicht berührt.
Was hatte der Bildhauer wohl im Kopf, als er dies gestaltet hat? Dachte er vielleicht an seinen eigenen Vater und die Sehnsucht, mit diesem versöhnt zu sein? Dachte er an die Dominikanermönche, für die er die Szene gestaltete und den Wunsch, in deren Gemeinschaftsleben möge es so sein wie Vater und Sohn es zum Ausdruck bringen? Jedes Bild von Gott ist immer ein Stück weit Projektion unserer Sehnsüchte, aber das ist ja auch nicht schlimm. Dass uns allen diese Sehnsucht nach Vertrautheit und Miteinander, Freundschaft und Verbundenheit eigen ist, spricht ja schon für sich und mag ja auch Teil des göttlichen Funkens sein, der in uns wohnt.
Wenn wir in den Wirren des Alltags es also schwer miteinander haben, uns unverstanden fühlen, verbittert sind und einsam, dann mag der Blick zu dieser Szene helfen, den Fokus wieder gerade zu richten und uns helfen zu verstehen, dass wir uns eigentlich nicht trennen wollen, den anderen nicht beleidigen und verletzen, sondern uns in unserem Inneren nach etwas anderem sehnen und nur den Weg dahin nicht finden. Das wäre ein erster Schritt heraus aus der Dunkelheit hinein ins Licht.
Gott ist Gemeinschaft
Die Dreifaltigkeit rückt auch alle Menschen auf Augenhöhe
Von Vikar Nico Schmid
Jeder Mensch ist individuell: In seinen Eigenschaften, seinen Erfahrungen, seiner Genetik. Menschliches Leben ist aber nie bloß Leben für sich, sondern immer Zusammenleben. Wir stehen in all unserem Denken und Tun in Beziehung zu unseren Mitmenschen. Allein können wir nicht bestehen. Wer schon einmal einen lieben Menschen verloren hat, weiß wie wertvoll es ist, mit seiner Trauer nicht allein zu sein, Menschen an seiner Seite zu wissen. Aber auch die Freude über die Geburt eines Kindes erfreut uns in Gemeinschaft mehr als allein.
Wenn wir Menschen, die wir Ebenbilder Gottes sind, in unserem Leben auf Gemeinschaft hingeordnet sind, wie sehr muss dann Gott Gemeinschaft sein? Weil Gott nicht Einsamkeit ist, sondern Gemeinschaft, sind auch wir als seine Ebenbilder zur Gemeinschaft mit ihm und untereinander berufen. Gott ist Gemeinschaft. Das drückt die Dreifaltigkeit in ganz besonderer Weise aus. Die drei göttlichen Personen werden unterschieden.
Sie sind aber nicht unterschieden, damit sie miteinander nichts zu tun hätten, sondern damit sie sich vereinen können.
Diese Offenheit füreinander, dieses Sich-Vereinen-können zeigt: Nichts geschieht in der Dreifaltigkeit Gottes allein oder getrennt von den anderen göttlichen Personen.
Vater, Sohn und Heiliger Geist sind im
mer zusammen zu denken. Gemeinsam erschaffen sie die Welt. Gemeinsam erlösen sie die Welt. Gemeinsam nehmen sie uns auf in ihre Beziehung, in ihre Gemeinschaft. Keine der göttlichen Personen ist der anderen übergeordnet. Und genau das meint wahre Gemeinschaft: Auf der gleichen Stufe stehen, auf Augenhöhe sein.An die Dreifaltigkeit zu glauben heißt also, davon überzeugt zu sein, dass kein Mensch mehr wert ist als der andere. Dass in der Würde eines Menschen keine Unterschiede gemacht werden dürfen.
An die Dreifaltigkeit zu glauben, heißt davon überzeugt zu sein, dass Gemeinschaft über dem Ausschluss steht.
Dreifaltigkeit im Hochaltar der Prediger-kirche
Foto: Becker
Fronleichnam
- Von Michael Becker
Fronleichnam in Rottweil: Am kommenden Donnerstag ist es wieder so weit. Um 08.45 Uhr startet die Prozession der Gemeinde vom Münster zum Bockshof. Dort beginnt um 09.00 Uhr der Gottesdienst, danach formiert sich die Prozession durch die Innenstadt, bis sie nach einer Station am Alten Rathaus mit dem feierlichen Segen und dem „Großer Gott, wir loben dich …“ im Münster ihren Abschluss findet. Nach dem Gottesdienst lädt die Gemeinde zu einem Apero auf dem Münsterplatz ein. Mittelpunkt der Feier ist eine zerbrechliche Scheibe Brot, der Leib Christi. Eingefasst in eine wertvolle goldene Monstranz, geschützt von einem stolzen „Himmel“, einem Baldachin, welcher von vier Männern würdevoll getragen wird. Gold, festliche Gewänder, Fahnen sind unsere menschlichen Versuche, etwas zu ehren, was uns heilig ist. Göttlich ist, dass es sich um etwas Zerbrechliches handelt, dazu bestimmt, durch Hingabe zur Nahrung für die anderen zu werden. Es ist nicht das Gold, es ist die Hingabe, die durch die Straßen getragen wird. In eine Welt, die so wie schon lange nicht mehr geschunden wird durch den Eigennutz und Größenwahn Einzelner. Wenn das nicht aktuell ist: Eine Demo für die Liebe Gottes.
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