Impulse und Mitteilungen
Hier finden Sie „Orientierung“: Impulse und Mitteilungen der Kirchengemeinden Rottweils über aktuelle Themen, Anstöße für den Alltag und Hinweise zu bevorstehenden Festen. Alle Artikel erscheinen alle zwei Wochen in der Samstagsausgabe des Schwarzwälder Boten.
Orientierung 23 vom 16. November 2024
Impulse für den Alltag
Die drei Unwörter „typisch“, „immer“ und „nie“
Von Michael Becker
Im Rottweiler Bahnhof ist ein Zug entgleist, war im Schwabo zu lesen. Zwei Intercitys sind deshalb ausgefallen. Typisch Bahn, wird so mancher frustriert Wartende gedacht haben. In Zukunft fahre ich mit dem Auto, ist zuverlässiger.
Wo ein Urteil gefällt ist, da ist es gefällt
Man könnte jetzt Argumente anbringen, warum das Ganze nicht typisch sondern ein Einzelfall sei, aber das hilft nichts. Wo ein Urteil gefällt ist, da ist es gefällt.
Das Gefühl, auf der Seite der Richtenden, der Recht habenden zu stehen, ist viel schöner als sich intensiver mit einer Sache zu beschäftigen, ganz davon zu schweigen, dass ich dadurch von meinen eigenen Fehlern ablenken kann.
„Typisch“, aber auch die Worte „immer“ und „nie“, das sind so – entschuldigen Sie die Ausdrucksweise – Klugscheißerworte, die den anderen runtermachen, aber nicht weiterbringen. Ich meine, die Veränderung unserer Gesellschaft beginnt nicht beim Gendern, sondern beim Verzicht auf solche Worte und die Haltung, die sich dahinter verbirgt.
Eine Hilfe ist die Goldene Regel: „Behandle den anderen so wie du von ihm behandelt werden willst.“ Ich bin angewiesen auf Deine Barmherzigkeit, wenn ich in der Hektik mal wieder ein unbedachtes Wort sage oder mein Temperament mit mir durchgeht. Also gestehe ich auch Dir das zu. Dann kommen wir weiter und arbeiten an einem Zusammenhalt in unserem Land.
Also, immer wenn die Wut nach oben steigt und mir „typisch“ schon auf der Zunge liegt, will ich kurz durchatmen und mich fragen: Wollte ich diesen Satz hören?
Der geteilte Mantel
Eine Nachlese auf St. Martin
Von Michael Becker
Alle Jahre wieder – Ein Ritter, ein Pferd, ein Bettler, ein geteilter Mantel und Kinder mit leuchtenden Augen und Laternen. Auch bei uns fanden an vielen Orten am vergangenen Montag Martinsfeiern statt. Was macht diese Geschichte so besonders?
Kleider spenden kann man an jeder Ecke, wo ein Container steht. Und viele Menschen spenden gerade jetzt im Herbst/Winter große Summen, von denen man viele Mäntel kaufen könnte. Was also – außer dem Lichtzauber und der Tradition – fasziniert so an dieser 1600 Jahre alten Geschichte?
Ich denke, sie ist ein Archetyp, ein Symbol für eine Verhaltensweise, die uns immer wieder wie eine Vision, also ein Leitstern an etwas erinnern soll. Und jetzt muss man ganz genau hinschauen: Martin macht in der Geschichte keine Kleiderspende, er spendet nicht, er teilt seinen eigenen Mantel.
Nach dieser Aktion geht er nicht zum Kleiderschrank und holt einen anderen heraus, nach dieser Aktion reitet er mit einem halben Mantel weiter. Und das macht die Geschichte so interessant: Wenn wir spenden, dann geben wir etwas von unserem Überfluss jemandem, der keinen Überfluss hat.
Wenn wir teilen, dann stellen wir uns mit dem Empfänger auf eine Stufe. Wir achten auf die Würde des anderen. Was bedeutet das konkret?
Ich spende nicht gerne, ich investiere lieber in Aktionen, die mir etwas zurückgeben, denn dann wird das Ganze ein gegenseitiger Austausch von Partnern und nicht die großzügige Geste eines Wohlhabenden. Oikocredit ist für mich so etwas: Ich vertraue dem Institut mein Geld an, sie verleihen das Geld an Menschen mit einem Projekt, welche sonst keine Chance auf einen Kredit hätten und bauen sich davon eine Existenz auf. Und sobald sie selber Geld verdienen, zahlen sie das Geld zurück. Eine tolle Sache. Auch Wikipedia und der Messenger-Dienst Signal gehören für mich fest in mein „Portfolio“, da diese mir wertvolle Dienste leisten.
Partner statt Almosenempfänger – darum geht es bei St. Martin.
Ein moderner Martin mit einem aufrechten Bettler
Statue von Albert Sous
Foto: Becker
Dinge des Glaubens
Morgen begeht Auferstehung Christi ihre Gemeindeversammlung – ein kleiner Kirchentag mit zahlreichen Angeboten. Eine besondere Aktion hat der Kirchengemeinderat Arne Brall entwickelt: Die Idee einer besonderen Ausstellung in der Kirche: Viele Gemeindeglieder beherbergen zu Hause ein Bild, ein Foto, einen Gegenstand, der für sie in besonderer Weise mit einer Glaubenserfahrung oder einem Menschen verbunden ist, welcher auf dem eigenen Glaubensweg bedeutsam geworden ist. Da der persönliche Glaube etwas ist, das mich in meinem Leben begleitet, wäre es doch interessant, diese Zeugnisse für eine bestimmte Zeit auch anderen zugänglich zu machen. So soll in der Taufkapelle der Kirche Raum sein, solche „Devotionalien“, wie Arne Brall sie nennt, auszustellen und mit entsprechender Erklärung als Anregung zum Nachdenken dienen. Den Anfang macht er selbst mit einem Bild von Sieger Köder, welches ihn seit langer Zeit begleitet. Die Ausstellung lebt vom Mitmachen, von der „Interaktion“. Deshalb der Aufruf an Gemeindeglieder, eigene geeignete Bilder, Gegenstände vorzuschlagen und zur Verfügung zu stellen.
Nähere Informationen dazu bei arnebrall@gmx.de
Michael Becker
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