Impulse und Mitteilungen
Hier finden Sie „Orientierung“: Impulse und Mitteilungen der Kirchengemeinden Rottweils über aktuelle Themen, Anstöße für den Alltag und Hinweise zu bevorstehenden Festen. Alle Artikel erscheinen alle zwei Wochen in der Samstagsausgabe des Schwarzwälder Boten.
Orientierungen 11 – 2023 vom 06. Juni 2023
Impuls für den Alltag
Wurzeln – nährender Halt und wachsende Kraft
- Von Peter Müller
„Bäume sind Gedichte, die die Erde in den Himmel schreibt“ (Kahil Gibran). Diese sichtbaren „Gedichte der Schöpfung“, an denen wir uns erfreuen können, werden getragen und ernährt von meist unsichtbaren Wurzeln. Aus ihnen wächst der Baum in seiner sichtbaren Form. Schon von Beginn an bleiben die Wurzeln meist unsichtbar.
Wurzeln brauchen auch Pflege
Im Schutz der Dunkelheit und Stille treiben sie, strecken sich aus, wachsen in die Tiefe, halten sich fest an Steinen und Felsen und verankern sich im Boden.
Im zurückgezogenen Alleinsein nähren sie sich von der Mutter Erde und entwickeln wachsende, tragende, blühende, fruchtbringende und heilende Kräfte. Durch die Wurzeln wird der Baum nicht nur zum „Gedicht“, durch sie gewinnt er Stand und festen Halt, durch sie lebt er den Rhythmus der Jahreszeiten.
Bäume sind Gleichnisse meines Lebens. Auch wir brauchen wachsende und tragende, nährende und Halt gebende Wurzeln. Nur wer verwurzelt ist, zum Beispiel mit seinen zwischenmenschlichen Beziehungen, in seiner Familie, im Beruf, Freizeit, … nur er oder sie, steht auch im Leben fest, kann sich im Alltag orientieren und weiterentwickeln. Sie halten die Hitze und Kälte, den Regen und die Stürme des Lebens aus, blüht auf und trägt Früchte. Wurzeln brauchen Pflege. Da muss der Boden gelockert, Wasser und Humus müssen zugeführt werden. Wurzeln brauchen Zeiten der Ruhe, um neue Kräfte zu sammeln. Bäume laden mich ein, die Wurzeln meines Lebens zu pflegen.
„Wie vielfältig sind deine Werke, o Herr! Alles hast du geschaffen in Weisheit, erfüllt ist die Erde von deinen Geschöpfen. Dem Herrn will ich singen mein Leben lang,.. solange ich bin.“ (Psalm, 104,24.33)
Der liebende Vater
Jesus erzählt Geschichten von Gott – aus Mangel an Beweisen.
- Von Klemens Dieterle
Kann man beweisen, dass es Gott gibt und er in unser Leben eingreift? So fragen Jugendliche manchmal im Religionsunterricht. Im Allerletzten gehen mir hier auch die Argumente aus, vor allem, wenn nach (natur)wissenschaftlichen Beweisen gefragt wird.
Vor der gleichen Herausforderung stand auch Jesus mit seiner ganz anderen Reich-Gottes-Botschaft, in der Gott als ein liebender Vater vorgestellt wird, der die Menschen für sich gewinnen will. Damals stand das im Gegensatz zu einer Gottesverehrung, die sich in strenger Gebotseinhaltung oder in geregelten Verehrungen am Tempel zeigte. Sie wurde von einer religiösen Führerschaft bestimmt.
Diese Pharisäer nahmen für sich in Anspruch, genau zu definieren, wann Gott als würdig oder unwürdig zu verehren sei. Jesus reagiert darauf mit Geschichten. Weicht er damit schwierigen Fragen aus?
Die Geschichten, die Jesus erzählt, sind oft aus dem alltäglichen Leben gegriffen. Im Kern geht es aber in den meisten Geschichten um ein Beziehungsgeschehen. Sie erzählen im übertragenen Sinn davon, dass jeder Mensch für Gott wichtig ist, eine Würde hat und ein Recht auf ein lebenswertes Leben – selbst wenn er Schuld auf sich geladen hat.
Die Geschichten fordern den Zuhörer heraus, eine eigene Position im erzählten Geschehen zu finden. Wie würde ich handeln? Worauf hoffe ich? Unter diesen Fragen werden Geschichten zur Anfrage an mein Leben. Spannend finde ich zum Beispiel die Geschichte vom verlorenen Sohn bzw. vom barmherzigen Vater, die meist dahingehend ausgelegt wird, dass Gott als Vater verzeiht.
Spannender finde ich die Deutung, dass sich beide Söhne verrechnet haben. Der Sohn, der das Erbe verprasst hat, sieht sich als Verlierer, der keine Chance mehr bekommt.
Umso mehr erfährt er, dass das Beziehungsangebot des Vaters so viel größer ist als die Angst, nicht mehr zu genügen. Der zweite Sohn, der treu beim Vater bleibt, ist sich sicher, dass er sich seinen Platz verdient hat und seine Gefühle schlagen in Neid und Wut um.
Jesus zeigt uns mit seinen Geschichten: Mit Gott ist zu rechnen, vielleicht jedoch mit einem anderen Ergebnis als mein Horizont es zulässt. In welcher Weise rechne ich mit Gott?
Die Mutter Anna liest Maria aus der Heiligen Schrift vor. Foto: Kirche in St. Georg, Hardt
Johannes der XXIII.
- Von Jürgen Rieger
Nie zuvor seit der Kirchenspaltung im 11. Jahrhundert und der Reformation im 16. Jahrhundert hatte ein Papst so viel Zustimmung, Anerkennung und weltweite Beachtung gefunden: Angel Roncalli, Johannes XXIII., wurde als Sohn einer einfachen Landwirtsfamilie geboren. 1904 Priester und als Bischof ab 1925 Gesandter des Vatikanstaates in Bulgarien, in der Türkei, in Griechenland und in Paris. Das Erleben der Orthodoxie schuf in ihm erhöhtes Verlangen nach Einheit der Kirchen. 1953 Kardinal und Patriarch von Venedig, wurde er 1958 im Alter von 77 Jahren zum Papst gewählt und nahm den Namen Johannes XXIII. an. Er wollte kein großer Redner, Diplomat, Wissenschaftler oder Organisator sein, sondern ein guter Hirte nach dem Vorbild Jesu. Schon 30 Tage nach seiner Wahl kündigte er die Einberufung des 2. Vatikanischen Konzils an, das grundlegende Neuerungen in der katholischen Kirche hervorbrachte. In der Kubakrise konnte er vermitteln. Aufgrund seiner persönlichen Ausstrahlung, seines Engagements für den Frieden, seiner Toleranz und seines Optimismus wurde er nicht nur innerhalb der katholischen Kirche hoch verehrt. Johannes starb am Pfingstmontag 1963. 2014 erfolgte die Heiligsprechung durch Papst Franziskus.
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