Viel Interessantes beim Vortrag über die Münsterrenovierung

Von Berthold Hildebrand

Im Rahmen der Veranstaltungen des Fördervereins Münsterbauhütte zur 900-Jahrfeier des Münsters hat Dr. Julia Feldtkeller  M.A. Kunsthistorikerin und Restauratorin, bei ihrem Vortrag und dem Gang durchs Münster viel Interessantes zur Münsterrenovierung erzählen können. Sie hatte seinerzeit die Fachleitung Restaurierung inne. Die Zuhörer waren wieder recht zahlreich ins Heilig-Kreuz  Münster gekommen.

Frau Feldtkeller stellte zunächst fest, dass eine so umfängliche Renovierung immer ein großes Ereignis sei. Im Rückblick werde sie als ein historisch bedeutsamer Punkt in der Jahrhunderte währenden Geschichte des Baus wahrgenommen. Aufgabe eines Restaurators sei es, Gegenstände so zu bearbeiten, dass sie als Kunstwerke und historische Dokumente bewahrt blieben. Beim Münster ging es vorwiegend um Verschmutzung. Die Verschmutzung des Kirchenraums zeigte sich in einer allgemeinen Vergrauung von Gewölben und Wänden. Alles lag unter einem staubigen Schleier, der den Kirchenraum trüb, farblos und dunkel erscheinen ließ. Der Restaurator war also als professionelle Reinigungskraft gefordert. Seit über 100 Jahren waren die Gewölbe ohne jegliche Annäherung eines Menschen oder gar einer Berührung verblieben. Man wollte am Erscheinungsbild von Raumschale und Ausstattung im Grundsatz nichts verbessern. Das Gesamtbild habe eine ultralange Probezeit bestens überstanden, sagte Feldtkeller. Man entschied sich also für den Weg des Bewahrens. Das ergab die Frage, wie reinigt man ohne zu beschädigen und was kommt dabei heraus? Die Leimfarben sind mit einem Cellulose-Leim gebunden. Seine Bindekraft lässt im Laufe der Zeit nach. Es gab partielle Malschichtablösungen. So waren einige Reinigungsmethoden gleich von vorneherein ausgeschieden. Dazu gehörte das ganze Spektrum der Feuchtreinigung mit Wasserstrahl, Dampf oder Schwamm. Dann kam letztendlich  ein Lasergerät zum Einsatz. Die Reinigung mit Licht erfüllte die Anforderung einer berührungsfreien Abnahme des Schmutzes. Dabei stellte sich heraus, dass das Natursteinmauerwerk im frühen 20. Jahrhundert in verschiedenen, steinfarbigen Tönungen gestrichen wurde, was durch die graue Schmutzauflage hindurch nicht mehr zu erkennen war. Es sind also nicht die natürlichen Farben der Steine, sondern eine Colorierung. Man entschied sich für die Belassung des gealterten Erscheinungsbildes. Das Konzept dieser Reinigung war ein Ausnahmefall im Restaurierungswesen der 2010er Jahre, sie wurde zu einem Vorzeigefall der Denkmalpflege. „Kein Berühren der Figüren – Untersuchen und Reinigen mit Abstand“. Unter diesem Motto waren Fachleute vom Denkmalschutz, Restauratoren und Architekten innerhalb einer Tagung nach Rottweil gekommen.

Bei der Ausstattung des Münsters mit Altären, Gemälden und Skulpturen konnte Heideloff in den 1840er Jahren mittelalterliche Gemälde und Skulpturen im fränkischen Kunsthandel erwerben. Man hatte den Innenraum bis auf zwei noch aus der Anfangszeit des  Münsters überlieferte Altäre (Nikolaus- und Petrusaltar) ausgeräumt und stellte nun die in Nürnberg geschaffenen Altäre auf. Selbst in Zeiten, in denen man Hinterlassenschaften des 19. Jahrhunderts generell ablehnte  und aus den Kirchen entfernte, blieb die Ausstattung des Münsters unangetastet. Zudem waren alle Einzelstücke in einem guten Zustand. Auch hier galt es, nur zu reinigen und den Bestand zu konservieren. Lediglich optisch störende Beschädigungen sollten durch restauratorische Zutaten zurückgedrängt werden. Aber es wurde nicht etwa Gold aufgetragen, wo der Bolus zum Vorschein kam. Nein, man behalf sich mit Goldfarbe aus dem Wasserfarbenkasten. Bei einigen Figuren wurde 1841 ein Überzug aufgetragen, der sich im Laufe der Zeit grünlich eingefärbt hat (siehe Foto). Dies wurde vom Denkmalamt als Schaden eingestuft und durfte deshalb abgetragen werden. Auch beim Kruzifixus im Hochchor haben sich durch Bakterien Verfärbungen auf der nach dem Entfernen des Goldüberzugs aufgetragenen neuen Fassung gebildet, die im neuen Licht des Münsters als störend empfunden wurden und deshalb abgetragen wurden (siehe Vergleichsfotos). Die Docken an den Bänken haben im Laufe der Zeit so viele Farbaufträge bekommen, dass man Einzelheiten nicht mehr erkennen konnte. Hier wurden mit dem Laser die störenden Schichten abgetragen. Auch wenn sich die Arbeiten nur auf Reinigung und Konservierung von Raumschale und Inventar beschränkten bedeutete dies doch einen hohen Aufwand, denn man musste tatsächlich jeden Quadratzentimeter des großen Gebäudes sowie der Skulpturen und Bilder bearbeiten, sagte Frau Feldtkeller zum Schluss ihrer Führung.

Fotos: Berthold Hildebrand