Weihnachten: Suchst Du Gott, dann such ihn unten!

Weihnachten: Suchst Du Gott, dann such ihn unten!

Von Berthold Hildebrand

Die Weihnachts-Gottesdienste im Heilig-Kreuz Münster waren allesamt sehr gut besucht. An Heiligabend hatte die Münstersingschule zum Krippenspiel eingeladen. Mitglieder der Kleinen Kantorei und Sängerinnen des B-Chores der Mädchenkantorei sangen und spielten das von Alexandra Böhne verfasste Spiel „Eine große Freude“ unter der Leitung von Elisabeth Kreuzer. Den musikalischen Part hatte Christian Groß.

 

 

Krippenspiel der Kleinen Kantorei und des B-Chores der Mädchenkantorei

Ab 21:30 Uhr haben Verena Mink, Annkathrin Burry (Sopran) zusammen mit Patrick Mink (Cello) und Elias Schneider (Orgel) die Besucher auf Weihnachten eingestimmt.

In der Christmette sangen die Sängerknaben unter der Leitung von Mike Krell weihnachtliche Motetten und Lieder

Im Hochamt an Weihnachten brachte der Münsterchor unter der Leitung von Lisa Hummel Kyrie und Gloria aus der Kleinen Orgelsolomesse von Joseph Haydn und andere weihnachtliche Chorsätze zu Gehör. Die Orgel spielte Christian Groß.

Gottesdienst an Weihnachten

Pfarrer Jürgen Rieger sagte in seiner Predigt, dass die Texte der Christmette ans Herz gingen, am Weihnachtstag uns das Evangelium aber mit harter Theologie konfrontiere. Da stelle sich die Frage: Was bedeutet Weihnachten von Gott her? „Es gibt Orte, von denen ich den Eindruck habe, dass es Gottes Lieblingsorte sind, und die sind unten. Schon viele, die Gott suchten, erlebten eine Überraschung: Sie suchten Gott oben, aber sie fanden ihn unten. Darum: Suchst du Gott, dann such ihn unten!“ Das erlebten die drei Weisen (vgl. Mt 2,1-12): Sie suchten Gott am Hof des Königs. Sie fanden ihn jedoch unten, im Stall, bei Hirten und Vieh. Sie fanden ihn mitten im Alltag einfacher Leute. Auch Franz von Assisi fand Gott unten. Er war der verwöhnte Sohn eines reichen Tuchhändlers aus Assisi. Er gehörte zu den „oberen Zehntausend“ jener Stadt. Selbstverständlich suchte er Gott »oben«. Darum wollte er Karriere machen, wollte Ritter werden, wollte nach oben. Auf dieser Spur fand er Gott nicht. AIs ihm aber ein Aussätziger begegnete, als er vom „hohen Ross“ herunterstieg, den Aussätzigen umarmte und küsste, da fand er Gott: unten, am Boden, im Aussätzigen. Theologisches Fundament für eine solche Umkehr des Denkens sei die Menschwerdung Gottes, über die der Philipperbrief schreibt: »Er war wie Gott – ganz oben – hielt aber nicht daran fest wie Gott zu sein. Er verließ den Himmel, wurde wie ein Sklave – ganz unten – uns Menschen gleich.« (Phil 2,6ff) Das große Glaubensbekenntnis sage das Gleiche in einem markanten Wort: »Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel herabgestiegen.« Dieses „herabgestiegen“ sei eine deutliche Bewegung von oben nach unten, vom Himmel zur Erde.

Wenn Gott auch von den Geringsten gefunden werden wolle, müsse er selbst den Durchbruch von oben nach unten vollziehen. Das habe er getan. Darum wurde er Kind »kleiner« Leute, darum wurde er in einem Viehstall geboren, umgeben von einfachen Menschen und Tieren. So könne ihn jede und jeder an seiner Seite finden, auch der, um den „die da oben“ gern einen Bogen machen. Er sei herabgestiegen bis ganz unten an die Seite der Geringsten, dass alle ihn an ihrer Seite finden könnten.

Auf diesem Hintergrund stelle sich die Gretchenfrage: Und wir, seine Kirche? Wo tritt Kirche für die Menschen hier und heute in Erscheinung? Ist sie nicht gern bei denen zu finden, die im Rampenlicht stehen? Es sei gut, wenn die Kirche unten zu finden sei, an der Basis, in der Nähe der Hoffnungen und Nöte, der Tränen und des Lachens der einfachen Menschen. Und es sei gut, wenn die Kirche »denen da unten« etwas zutraue, denn da sei Gott! Unten, an der Basis der Gemeinden und der Kirche, sei viel von Gott zu finden. Jeder müsse sich nun die Frage stellen: Welche Bedeutung hat das Kind in der Krippe für mich? Nehme ich es auf? in mein Leben, in mein Herz, in meine Ängste und Zweifel? „Die Seinen nahmen ihn nicht auf“, warnt Johannes in seinem Prolog, „allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden“ (Joh 1,11.12). An Weihnachten geht es um diese Macht: um die Macht, ein Kind Gottes zu werden. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Macht dieser Welt, sondern bedeutet, Gott in meinem Leben wirken zu lassen. „Dann wird sich die Welt verändern und Weihnachten wird Wirklichkeit für alle Menschen.“

Segen bei der Vesper am Abend des Weihnachtstages

Am Abend beschloss die Männerschola des Münsterchors den Festtag mit einer Vesper.

Fotos: Berthold Hildebrand