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Erntedankbild in der Kapellenkirche

(hil) Schülerinnen und Schüler im Konvikt haben unter der Leitung von Werk-AG  Leiterin Andrea Wörner das diesjährige Erntedankbild in der Kapellenkirche gelegt.

Der Erntedankteppich in der  Kapellenkirche               Foto: Berthold Hildebrand

Das Bild zeigt eine mit Naturmaterialien gestaltete Nachbildung eines Aquarells der Flensburger Künstlerin Sandra Steinke mit dem Titel „Frieden“. Ausgelöst durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine, aber auch vielen anderen kriegerischen Auseinandersetzungen in dieser Welt und um die Sorge um den Weltfrieden haben die Schüler*inne dieses Motiv als Vorlage ausgewählt, schreibt Jürgen Rieger, der Spiritual des Konvikts.

Die Schüler*innen erzählen auch, dass, während sie in der Kirche an dem Werk arbeiteten, ein Mann in die Kirche kam. Er schaute ihnen zu und sagte dann, er sei Iraner und auch in seiner Heimat sei der Frieden gerade wichtig. Er schrieb das Wort Friede auf iranisch, und die Schüler fügten es links unter der Weltkugel ein, wo das Wort „Friede“ in einigen Weltsprachen eingearbeitet ist. Die Taube mit dem Ölzweig fliegt auf den Globus zu und wünscht den Menschen „Friede sei mit euch“, den Wunsch Jesu an seine Jünger.

Die Schülerinnen und Schüler des Konvikts bitten in diesem Jahr um eine Spende für den Rottweiler Tafelladen des Deutschen Roten Kreuzes. Dort bemühen sich 30 ehrenamtliche Mitarbeiter, gespendete Lebensmittel gegen ein geringes Entgelt an Bedürftige aus der Region zu verkaufen.

 

 

Streiflichter aus 900 Jahren Geschichte des Heilig-Kreuz Münsters

Prof. Werner Mezger hielt im fast voll besetzten Heilig-Kreuz Münster den Festvortrag zur 900-Jahr Feier des Münsters. „Streiflichter aus 900 Jahren Geschichte“ überschrieb er seinen Vortrag. Aus der langen Zeit von 1122 bis 2022 hatte er viel Interessantes zu berichten

Prof. Mezger bei seinem Vortrag im Heilig-Kreuz Münster

Jubiläen seien Momente des Innehaltens im ansonsten unaufhaltsamen Lauf der Zeit, sagte Mezger. Im Alten Testament taucht das hebräische Wort „Jobel“ auf. Es bedeutet den Klang eines Widderhorns, das alle 50 Jahre geblasen wurde, um deutlich zu machen, dass nach 7 mal 7 Jahren, sprich: nach 49 Jahren, das 50. Jahr anbricht. Es ging also um biblische Zahlenmystik. Jedes 50. Jahr war nach alttestamentlicher Auffassung ein Versöhnungsjahr, in dem alte Schulden, auch Sünden, nachgelassen wurden. Ab 1475 wurde alle 25 Jahre vom Papst in Rom ein Jubeljahr ausgerufen. Wir feiern im öffentlichen und privaten Leben heute genauso wie die Kirche die Jahrhunderte, 50 und 25 Jahre.

Dann fragte Prof. Mezger: Feiern wir das richtige Jubiläum? 1121 oder 1122 stehen zur Wahl. In lateinischer Schrift schrieb Dr. Martin Dursch von einer Holztafel am Hauptaltar 1662 folgenden Text ab: Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1122 am 6. Tag der Iden des Januar, wurde diese Kirche zum Heiligen Kreuz in Rottweil von Ulrich I., Bischof von Konstanz, geweiht … Das wäre der 18. Januar 1122. Weil es damals aber verschiedene Jahresstile gab und der Neujahrstermin im Laufe der Zeit immer wieder wechselte, gab es mehrere Neujahrstermine nebeneinander, die bis zu 35 Tage auseinanderlagen. Wir wissen nicht, nach welchem Jahresstil man im 12. Jahrhundert in Rottweil gerechnet hat. Die Differenz zwischen der Angabe der Heiligkreuzbruderschaft mit 1121 im Bruderschaftsbüchlein und der Inschrift der Holztafel ist also höchstwahrscheinlich nur eine Frage der Zählweise, und beide meinen letztlich genau dasselbe Jahr.

Die romanische Pforte aus dem 12. Jh.im Turm

Der Anfang der Heiligkreuzkirche hat einige Unwägbarkeiten. Obwohl im Gründungsplan der Stadt von Anfang an ein weiter Platz für die Pfarrkirche vorgesehen war, verwundert es dennoch ein wenig, dass noch ehe die Häuser recht standen, bereits eine große Kirche eingeweiht worden sein soll. Wenn allerdings Bischof Ulrich nicht zur Weihe, sondern zur Grundsteinlegung des Gotteshauses gekommen sei, dann wäre das Jahr 1122 schon eher wahrscheinlich.

Das Patrozinium „Heiligkreuz“ entsprach dem Geist und der inneren Befindlichkeit der Epoche, denn das zentrale weltpolitische Thema des gesamten 12. Jahrhunderts waren die Kreuzzüge. Mitte der 1260er-Jahre kamen die Dominikaner in die noch junge Stadt und gründeten ihr Predigerkloster. Am 12. April 1268 stattete dann sogar einer der berühmtesten Dominikaner Rottweil einen Besuch ab, nämlich der Universalgelehrte Albertus Magnus. Die Dominikaner brachten nicht nur neue geistige Impulse und neue religiöse Dynamik nach Rottweil, sondern vor allem auch einen neuen Stil des Kirchenbaus, den man später Gotik nannte, was anfangs noch als Schimpfwort galt. Einen baulichen Triumph feierte der französische Stil in Rottweil mit der Kapellenkirche. Ihre unteren Turmgeschosse wuchsen um 1340 in die Höhe. Die Rottweiler Pfarrkirche Heiligkreuz indessen war immer noch romanisch, und angesichts der anderen Kirchen nahm der Druck zu, auch die Hauptkirche zu erneuern und sie nach und nach dem französischen Stil anzupassen.  Um 1400 war es dann soweit. Da wurde mit dem Großprojekt begonnen. In einer ersten Bauphase entstand der Chor im gotischen Stil. Sein Gewölbe war 16 Meter hoch, die Firsthöhe betrug über 30 Meter. Erst Ende des 15. und Anfang des 16. Jh. entstand dann die großzügige Dreischiffigkeit, wie wir sie heute kennen. Lediglich der untere Teil des Turms blieb romanisch und ist es bis heute geblieben.  Als erstes wurde 1497 das Südschiff eingewölbt, und zwar mit einer aufwändigen Maßwerkdecke, die durch reiche Steinplastik verziert war – durch wertvolle Schlusssteine und Gewölbekonsolen. Dort finden wir auch die allererste Narrendarstellung in Rottweil, ein Narr mit Dudelsack und Hund. Die Baumeister waren auf dem Stand der Zeit. 1494 hatte in Basel Sebastian Brant seinen Bestseller „Das Narrenschiff“ herausgebracht, durch das die Narrenidee schlagartig populär wurde. Eine ganz frühe lateinische Ausgabe davon kam wohl schon ziemlich genau zur Entstehungszeit der südlichen Konsolen in Heiligkreuz in den Bücherbestand der Rottweiler Lateinschule und befindet sich heute als Inkunabel in der Bibliothek des Albertus-Magnus-Gymnasiums.

Im Jahr 1517, in dem hier in Rottweil mit der Einwölbung des Mittelschiffs die Heiligkreuzkirche in ihrer gotischen Neugestaltung fertig wurde, begann die Reformation. Der Pfarrer von Heiligkreuz, Konrad Stücklin, bekannte sich 1526 offen zu Martin Luther und zu Huldrych Zwingli in Zürich und predigte evangelisch. Als daraufhin König Ferdinand höchstpersönlich der Stadt mit dem Entzug des Hofgerichts drohte, ergriff der Magistrat radikale Maßnahmen. Man begann die Reformierten auszuweisen.

Die Zeit des 30-jährigen Krieges brachte unendliches Leid über die Stadt. Die Menschen versammelten sich in der Predigerkirche zum unaufhörlichen Gebet vor der Madonna, die dann die Augen gewendet haben soll und nachdem die Franzosen die Stadt einnahmen, zogen sie ab, als ihr Marschall Guébriant 1643 im Rottenmünster starb.

Der Narr von 1497 im südlichen Seitenschiff

Prof. Mezger kam auch auf die großen Katastrophen von Heilig Kreuz zu sprechen. 1696 war der große Stadtbrand, dem 96 Häuser und der gesamte Dachstuhl von Heilig Kreuz zum Opfer fielen. Die Glocken im Turm waren geschmolzen und abgestürzt. Vor allem die Rottweiler Zünfte sorgten dafür, dass in einem enormen Kraftakt der Dachstuhl vor dem Winter wieder aufgerichtet und mit Ziegeln der verwaisten Burg Herrenzimmern eingedeckt wurde. Die nächste Katastrophe war ein Blitzeinschlag im Jahr 1809, der binnen kurzer Zeit den gesamten Helm in Brand setzte. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn nicht ein paar beherzte Männer bewundernswert schnell gehandelt hätten. Sie stiegen mit Werkzeug in den Turm hinauf, kletterten in den Helm und sägten die brennende Spitze ab, so dass sie krachend herunterfiel.

Durch den Wandel des Stilempfindens in Richtung Renaissance und Barock war der alte gotische Hochaltar mit den Tafelbildern 1658 durch einen größeren neuen ersetzt worden, dessen Altarblatt eine Kreuzigungsdarstellung von dem Rottweiler Künstler Christoph Kraft zeigte. Der gotische Altar wurde zersägt, die Einzelteile verkauft. Im Zuge der Barockisierung wurden auch alle Seitenaltäre ersetzt, bis auf zwei – den Nikolausaltar im Südschiff und den Petrusaltar im Nordschiff.  Selbst die Wände wurden barock bemalt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts erhielt das Gotteshaus eine einheitliche Bestuhlung mit Kirchenbänken, in denen man sitzen und knien konnte. Das veränderte die Raumwirkung total, gab aber auch Anlass zum Staunen. Denn mit den neuen Bänken kamen im Jahr 1703 auch deren originelle äußere Abschlüsse, die kunstvoll geschnitzten Stuhlwangen, in die Kirche.

1802 endete die Reichsstadtzeit. Aus dem ehemals souveränen, nur dem Kaiser verantwortlichen Stadtstaat am oberen Neckar wurde ein einfaches württembergisches Oberamtsstädtchen. Das Dominikanerkloster wurde säkularisiert. Die Predigerkirche, kurz zuvor noch zur Hundertjahrfeier der Augenwende prunkvoll spätbarock umgestaltet, wurde zunächst württembergische Garnisonskirche, dann evangelische Stadtkirche. Die wundertätige Madonna von der Augenwende, auf die das ganze Bildprogramm der innen erneuerten Predigerkirche ausgerichtet gewesen war, blieb zum Glück von der Beschlagnahme durch die Besatzer vorschont und fand in der Pfarrkirche Heiligkreuz eine neue Heimat.

Weil die Ästhetik sich erneut gewandelt hatte und nachträgliche Barockisierungen als Zopfstil zunehmend auf Ablehnung stießen, erhielt die Rottweiler Hauptkirche zu Beginn der 1840er- Jahre ihr gotisches Erscheinungsbild zurück. Carl Alexander Heideloff erweckte die Gotik von Heiligkreuz zu neuem Leben, und zwar schöner als je zuvor. Die barocken Altäre wurden entfernt, und Heideloff ersetzte sie bis auf die zwei erhaltenen Seitenaltäre des Altbestands durch wertvollste originale Bildwerke und Altäre der Gotik, die er auf dem damaligen Kunstmarkt erwarb. Der Höhepunkt war der Kruzifixus für den Hochaltar, höchstwahrscheinlich ein Meisterwerk von Veit Stoß. Der Großteil der Kirchenfenster wurde mit Glasgemälden in gotischer Manier farbig leuchtend gestaltet und dadurch der mittelalterliche Eindruck noch gesteigert.

Seitenaltäre im 1841 regotisierten Münster

Heiligkreuz hat zwei Weltkriege unbeschadet überstanden und am Beginn des Ersten Weltkriegs sogar nochmals eine sehr sachkundige Restaurierung erfahren. 1952, als Carl Joseph Leiprecht Bischof von Rottenburg war, wurde die Heiligkreuzkirche zum Münster erhoben. Die letzte große Restaurierung, eine ganz entscheidende, hat das Münster vor wenigen Jahren erlebt. Jetzt strahlt es wieder, in neuem Glanz und wunderbarem Licht, rechtzeitig zum Jubiläum.

Prof. Werner Mezger sagte zum Schluss, „das Münster, unser Münster, war und ist Heimat in guten wie in schlechten Zeiten. Es ist weit mehr als ein besonders authentisches Museum für Sakralkunst. Heiligkreuz ist nach wie vor in erster Linie lebendige Kirche, geistliches Zentrum, Stätte der Andacht, Oase der Stille, Meditationsort, um zu sich selbst zu finden. Hier, wo 9 Jahrhunderte auf uns herabblicken, wird spürbar, dass Kirchen eine Schnittstelle zwischen Zeit und Ewigkeit sind.“

Text und Fotos: Berthold Hildebrand

 

 

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